Samstag, 8. Oktober 2016

Blut, Schweiß und Tränen

Im Radsport kann eine Reifenbreite über Sieg oder Niederlage entscheiden. In einem Moment ist man im Endorphinrausch und im nächsten in einer Welt voller Schmerzen. Wohl noch nie habe ich ein solches Wechselbad der Gefühle erlebt, wie beim 2. AWH Straßenrennen am letzten Montag bei Halle. Für das verlängerte Wochenende um den Tag der Deutschen Einheit war ich nach Leipzig zu meiner Freundin gefahren. Schon die lange Autofahrt war begleitet von Sturm und Starkregen. Am Montagmorgen herrschte dann feinstes englisches Wetter. In Schkopau angekommen stellte ich dann erfreut fest, dass ich heute zusammen mit Ingolf fahren würde. Wertvolle Tipps gab uns Thorsten Riedel, der schon vor uns gefahren war – auf noch trockner Straße.





Die kurze Regenpause während des Warmfahrens gab dann aber nur der falschen Hoffnung auf ein trockenes Rennens Vorschub. Pünktlich zum Start setzte der Regen wieder ein. Fünfmal galt es den hügligen Kurs auf dem Gelände der Abfallwirtschaft Halle zu bewältigen, der einen knackigen Anstieg aufwies. Zwei Fahrer vom Team Radmitte versuchten früh das Rennen schnell zu machen. Allerdings führte dies noch nicht zu einer Selektion. Mittlerweile wurde auch der Regen wieder stärker. Nun wollte es Ingolf wissen und attackierte. Niemand ging mit und so konnte ich die anderen Fahrer piesacken, mit Sprüchen wie "Der zieht durch!" oder "Passt auf, den seht ihr nicht wieder!". Ingolf konnte sich einige Kilometer bis in die selektive Steigung hinein vorne halten. Schließlich erfolgte doch eine weitere Attacke, bei der ich mitging. Am Ende des Anstiegs erfolgte eine weitere Attacke  durch Roman Kaden (RadMitte Straßenteam), Rene Sachse (RC Gera '92) und Alexander Burggraf (RS Querfurt). Mir gelang es noch an die Gruppe heranzuspringen.





Schnell gelang es uns einen Vorsprung herauszufahren. Leider mussten Roman und meine Wenigkeit den Löwenanteil der Führungsarbeit leisten, da unsere Mitfahrer schon am Anschlag waren. Aufgedreht wie ich an dem Tag war, habe ich auch ein wenig geflucht und gemeckert – tut mir Leid Jungs, das war wirklich nicht böse gemeint! Dementsprechend schmiedeten Roman und ich den Plan, die beiden in der nächsten Runde am Hügel abzuhängen. Wie gesagt so getan, mit ihm am Hinterrad spurtete ich den Anstieg hinauf und riss eine Lücke.




Die letzten beiden Runden konnten wir uns nun die Arbeit brüderlich teilen, zumal wir beide absolut ebenbürtig waren. Am Ende hoben wir die Entscheidung für den Schlussanstieg auf – den ich im spontanen Anflug von Größenwahn auf dem großen Blatt in Angriff nahm, in der Hoffnung meinen Fluchtgefährten abhängen zu können. Oben angekommen waren wir beide völlig am Ende, aber immer noch zusammen. Daraufhin ließ ich Roman nach vorne, da ich auch einfach nicht mehr konnte. Er fuhr dann auch als Erster um die letzte Kurve. Den schicken goldenen Pokal vor Augen, probierte ich im Tigersprung doch noch nach vorne zu kommen. Schlussendlich lag Roman dann doch zwei oder drei Reifenbreiten vorne, aber das sollte einen Augenblick später keine Rolle mehr für mich spielen.



Denn als ich meinen Blick von den der Straße hob, sah nur noch eine Leitplanke auf mich zurasen. In diesem Moment schoss mir nur noch eine Frage durch den Kopf: Drüber oder drunter? Instinktiv entschied ich mich für die letztere Alternative. Folglich probierte ich zu bremsen und leicht gegenzusteuern, wobei ich auf dem spiegelglatten Asphalt wegrutsche. Zusammen mit meinem Rad schlitterte ich unter die Leitplanke, nur erwischte ich auch noch den Pfosten derselben. Nun lag ich da und alles tat weh. Ich konnte nur Blut überall an meinem rechten Bein sehen. Sofort war auch Hilfe da. Man legte mich auf eine Trage und ich bekam noch mit, wie ein weiterer Fahrer in mein wieder aufgerichtetes Bike fuhr – alles Gute kommt halt immer zusammen.
Die Freunde von der DLRG haben mich dann  im Rettungswagen erstversorgt. Alle kümmerten sich rührend um mich, besonders der Rennorganisator Günther Pötzsch und dessen Frau. Nachdem Ingolf sich noch mit vollem Einsatz den 6. Platz gesichert hatte, nahm er an meiner Stelle an der Siegerehrung teil und brachte mir Blumen und Siegprämie in den Krankenwagen. Recht bald ging es dann auch in einen anderen Rettungswagen und mit Blaulicht ins Unfallklinikum. Dort stellten sich die Verletzungen schließlich als recht harmlos heraus – ein Haufen Prellungen und fiese Schürfwunden. Währenddessen hatte Herr Pötzsch mein Auto sicher abgestellt und holte meine Freundin und mich anschließend aus dem Krankenhaus ab. Hier nochmals ein ganz großes Dankeschön dafür!
Am Ende des Tages konnte ich auch nach Hause fahren. Auch mein geliebtes Canyon F10 hat den Crash überlebt. Glückwunsch auch noch mal an Roman – sein lesenswerter Rennbericht ist hier verlinkt. Euch allen viel Spaß in der Offseason, bzw. Crosssaison, und weiterhin sturzfreies Radfahren!
Euer Nikkl


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